Elfenbeinturm-Kommunikation
Vor 15 bis 20 Jahren war die Welt noch einfach für Unternehmen und deren Marketing. Sie schalteten TV- und Radiospots, ganzseitige Printanzeigen und klebten Ihre Botschaften überlebensgroß an Litfaßsäulen. Die Mediaplaner suchten sich die ihrer Meinung nach richtigen Umfelder wo sich die sog. „Zielgruppe“ dann schon aufhalten und die Kampagne wahrnehmen wird. Einen Kanal für Feedback, eine Möglichkeit der Interaktion? Fehlanzeige. Und genau das machte diese schöne bunte Werbewelt so angenehm. Ich nenne das gerne Elfenbeinturm-Kommunikation.
Generationen an Kunden und Verbrauchern sind so aufgewachsen. Und sie waren vermutlich auch zufrieden damit. Es gab nichts anderes.
Paradigmenwechsel
Was wir derzeit erleben ist ein Paradigmenwechsel in der Mediennutzung. Jeder vierte Deutsche ist jünger als 25 Jahre. Die Mediennutzung dieser sog. „Digital Natives“ unterscheidet sich fundamental von den vorhergehenden Generationen. Sie nutzen das Internet selbstverständlich. Diese Generation „geht nicht mal ins Internet“. Sie ist einfach immer drin. Über Laptop, Smartphone oder iPad. Das Web ist ihr ständiger Begleiter.
Und es wird oft parallel genutzt. Die Diginatives tauschen sich während eine Fernsehsendung läuft live über deren Inhalt aus. Dies belegt eine Studie der Uni Bamberg. Dieser Studie zufolge findet auf der Facebook-Fanpage von „Schlag den Raab“ während der Sendung ein ständiger Austausch statt und die Page bekommt in diesen paar Stunden über 1.000 „Likes“. Wohlgemerkt ohne, dass auf diese Page auch nur einmal während der Sendung hingewiesen wird. Die Konsumenten sind einfach da und tauschen sich selbstverständlich im Web aus. Und wir stehen hier erst am Anfang.
Studien-Chart: Danke an Philipp Rauschnabel von der Uni Bamberg
Zurück zu den Unternehmen. Die kommenden Verbrauchergenerationen wachsen also mit Kommunikation und Interaktion über das Web auf. Sie stellen Fragen. Die geben Kommentare ab. Und: Sie möchten Feedback haben. Unternehmen müssen ihren zukünftigen Kunden in „ihr“ Medium folgen. Sie sollten sich informieren, zuhören, Mehrwert bieten. Das zu verstehen ist für große Konzerne mit hierarchischer Struktur und Jahrzehnte gewachsenen Abläufen eine echte Herausforderung.
Ich glaube nicht, dass die Zeit von TV-Spots und Printanzeigen abgelaufen ist. Sie haben ihre Berechtigung und es wird sie auch weiter geben. Aber die Veränderung in der Mediennutzung durch das Web ist fundamental und unumkehrbar. Dessen müssen sich Unternehmen bewusst werden. Sie müssen sich öffnen, mit ihren Kunden reden, Kritik zulassen.
Social Media ist mehr als ein Marketing-Thema
Und genau hier liegt ein weiterer Knackpunkt: Es geht nicht darum, schnell eine Facebook-Fanpage an den Start zu bringen und den Praktikanten den Rest erledigen zu lassen. Diese fundamentale Veränderung und das Verständnis dafür muss möglichst durch das ganze Unternehmen gehen. Am Leichtesten tun sich hier sicher Unternehmen, die bereits eine offene und kommunikative Unternehmensphilosophie haben. Social Media ist weit mehr als ein Marketing-Thema. Der Schritt ins Social Web steht am Ende eines Prozesses. Nicht am Anfang, wie derzeit noch so oft.
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